„Den Glauben bewahren macht niemand zum Ultrakonservativen“

„Eine Leitungs- und Führungsaufgabe stellt immer auch einen Dienst dar“, sagt der Prälat des Opus Dei in einem Interview mit Dario Menor, dem römischen Korrespondenten der spanischen Zeitschrift Vida Nueva (Nr. 36/2018).

Im ersten Jahr im neuen Amt, berichtet Fernando Ocariz, habe er sich hauptsächlich für die Evangelisierung im Bereich von Familie und Jugend eingesetzt. Dies sei einer der Schwerpunkte, die der Generalkongress des Opus Dei nach dem Tod seines Vorgängers Bischof Echevarría vorgegeben hat.

Der evangelisierende Impuls des argentinischen Papstes sei bereits in den Pfarreien spürbar, meint Ocariz. Die Zahl der Beichten sei gestiegen. Weiter sagt er, ihn schmerze die Polemik gewisser Kreise gegen das päpstliche Mahnschreiben „Amoris Letitia“ über die Familie. „Ein Sohn der Kirche sollte niemanden destruktiv kritisieren, und schon gar nicht den Papst”. – Hier ein Auszug aus dem Interview:

Im Januar 2017 wurden Sie zum Prälaten des Opus Dei gewählt und von Papst Franziskus bestätigt. Welche Entscheidungen, die Sie in diesem Jahr an der Spitze des Werkes getroffen haben, waren besonders wichtig? Was waren die größten Schwierigkeiten?

Ein Großteil der Arbeit bestand darin, die vom Generalkongress des Opus Dei für die kommenden Jahre festgelegten Prioritäten anzupacken, insbesondere die Evangelisierung im Bereich der Familie und der Jugend. Wie die ganze Kirche stehen wir hier vor so manchen Herausforderungen. Unsere Gesellschaft braucht Brautleute und Ehepaare, die die Schönheit echter Liebe dadurch bekunden, dass sie Zeugnis von einem glücklichen und erfüllten Leben innerhalb der Pflichten des Ehelebens geben. Zugleich müssen wir uns um unsere Jugendlichen kümmern und ihre Sehnsüchte und Anliegen ernst nehmen. Dabei dürfen wir alle die nicht vergessen, die uns am meisten brauchen: Kranke, Immigranten, Arbeitslose, Arme, usw. Im Herzen Jesu nehmen sie einen bevorzugten Platz ein und müssen es auch in unserem tun. Gott sei Dank hatte ich als Prälat bisher keine besonderen Schwierigkeiten zu bewältigen. Ich vertraue auf die Macht des Gebetes vieler Menschen.

Was sagen Sie denen, die das Opus Dei für eine geschlossene sektiererische Gruppe mit ultrakonservativen Ansichten halten?

Zunächst einmal, dass wir im Opus Dei nicht vollkommen sind. Das ist völlig klar. Wie alle anderen Menschen haben wir Fehler und können uns irren… Gleichzeitig würde ich sie einladen und ermuntern, die Realität aus erster Hand kennen zu lernen und sich nicht von Klischeevorstellungen leiten zu lassen. Es ist immer gut, sich selbst von der Realität zu überzeugen! Sehen Sie, in den 60er Jahren hatten wir das umgekehrte Problem: Viele behaupteten, das Opus Dei sei eine gefährliche Neuerung. Den in der Kirche erhaltenen Glauben treu zu bewahren, macht niemanden zu einem Ultrakonservativen. Genauso wenig ist jemand ein Progressist, der das Licht Christi entsprechend den Anforderungen der jeweiligen Zeit auszubreiten sucht.

Was halten Sie für die größte Leistung von Franziskus in seinem bisherigen Pontifikat?

Einige Auswirkungen seines „evangelisierenden Impulses“ sind bereits sichtbar. Papst Franziskus leitet die Kirche an, sich immer mehr als Ausdruck der göttlichen Barmherzigkeit zu verstehen. Er ist ein Hirte, der die Herde durch sein Wort und durch sein Vorbild führt. Was er sagt stimmt mit dem überein, was er tut. Er ermuntert sehr häufig dazu, das Sakrament der Versöhnung zu empfangen. Das ist bereits in den Pfarreien zu spüren. Weiter ruft uns der Papst zu mehr Freude und Begeisterung im pastoralen Einsatz auf. Außerdem, er unterstützt die Bemühungen der Familien und macht deutlich, dass der Herr ihnen trotz aller Schwierigkeiten und Mängel beisteht.