Gewissenhaft arbeiten

Wenn wir die Arbeit wirklich heiligen wollen, dann müssen wir sie zuallererst einmal ernst nehmen – vor Gott und vor den Menschen. Das heißt: gut arbeiten.

Wenn wir die Arbeit wirklich heiligen wollen, dann müssen wir sie zuallererst einmal ernst nehmen – vor Gott und vor den Menschen. Das heißt: gut arbeiten.1

Wir haben schon im letzten Artikel gesehen, dass im übernatürlichen Beweggrund der Arbeit gleichsam die Seele der Heiligung der Arbeit liegt2. Jetzt werden wir uns der Materie zuwenden, der diese Seele Leben schenkt: es ist die gut getane Arbeit selbst. Das Bemühen, so gut wie möglich zu arbeiten, erweist erst das übernatürliche Motiv – die Liebe zu Gott und zum Nächsten – als echt.

Der heilige Josefmaria weist darauf hin, dass die Heiligung der Arbeit voraussetzt, die Arbeit als solche gut zu machen, auch menschlich vollkommen, und dabei auch alle beruflichen Pflichten gut zu erfüllen, die mit familiären und sozialen Verpflichtungen verbunden sind. Man muss gewissenhaft arbeiten, verantwortungsbewusst, ausdauernd und mit Liebe, ohne nachlässig oder oberflächlich zu sein.

Um diese Lehre fruchtbringend zu überdenken, ist zu beachten, dass wir uns vor allem auf die Arbeitsaktivität und nicht auf das Arbeitsergebnis beziehen, wenn wir davon sprechen, die Arbeit gut zu verrichten.

Es kann vorkommen, dass man gut arbeitet, das Ergebnis aber trotzdem schlecht ist, sei es wegen eines unfreiwilligen Missverständnisses oder aus Gründen, die nicht von einem selbst abhängen. In diesen Fällen, die sich oft ergeben, sieht man deutlich den Unterschied zwischen einem Menschen, der seiner Arbeit einen christlichen Sinn gibt, und dem, der hauptsächlich einen menschlichen Erfolg anstrebt. Für den ersteren hat vor allem die Tätigkeit als solche einen Wert, selbst wenn das Ergebnis nicht gut ist. Er weiß, dass nichts verloren geht von dem, was er gut zu machen versucht hat aus Liebe zu Gott und aus dem Wunsch heraus, Miterlöser mit Christus zu sein. Deshalb lehnt er sich bei Widrigkeiten nicht auf, vielmehr bemüht er sich, sie zu überwinden und darin eine Möglichkeit zu sehen, sich mit Christus am Kreuz zu vereinigen. Doch für den zweiten ist alles misslungen, wenn es nicht gut geworden ist. Selbstverständlich wird der, der so denkt, niemals verstehen können, was es heißt, die berufliche Arbeit zu heiligen.

Gewissenhaft arbeiten bedeutet, aus einem übernatürlichen Motiv und gleichzeitig menschlich vollkommen zu arbeiten. Es bedeutet nicht, menschlich gut zu arbeiten und anschließend einen übernatürlichen Beweggrund hinzuzufügen. Es handelt sich um etwas Tieferes. Gerade die Liebe zu Gott sollte einen Christen dazu führen, seine Arbeit vollkommen zu verrichten, denn wir dürfen dem Herrn nichts anbieten, das nicht in dem Maß, wie unsere menschliche Unzulänglichkeit es erlaubt, vollkommen, fehlerlos und auch im Kleinen vollendet ist. Gott nimmt eine hingepfuschte Arbeit nicht an. In der Heiligen Schrift heißt es: Etwas Fehlerhaftes dürft ihr nicht darbringen, denn es wäre seiner nicht würdig (Lev 22, 20)3.

Wenn man so vorzugehen versucht, arbeitet man normalerweise gut und erzielt gute Resultate. Mehr noch, häufig sticht derjenige im Beruf unter seinesgleichen hervor, der sich bemüht, die Arbeit zu heiligen, denn die Liebe zu Gott treibt ihn an, über sich selbst hinauszuwachsen im Dienen und im Opfer4. Doch wir dürfen niemals vergessen, dass Gott manchmal menschliche Widrigkeiten und Niederlagen zulässt, damit wir unsere Absicht läutern und das Kreuz des Herrn mittragen. Und das heißt nicht, dass wir nicht gut gearbeitet und diese Tätigkeit nicht geheiligt hätten.

Menschliche Tugenden in der Arbeit

Um gut zu arbeiten, müssen wir die menschlichen Tugenden üben, die durch die caritas geprägt sind. Begreift ihr nun, wie viele Tugenden, alle ineinander gewoben, wirksam werden, wenn wir mit dem Willen arbeiten, die Arbeit zu heiligen: Starkmut lässt uns bei unserer Aufgabe ausharren und bewirkt, dass wir nicht kapitulieren vor den selbstverständlich nicht ausbleibenden Schwierigkeiten; Zucht und Maß machen uns fähig, uns vorbehaltlos einzusetzen und Bequemlichkeit und Egoismus zu überwinden; Gerechtigkeit lässt uns auf die Pflichten gegen Gott, gegen die Gesellschaft, gegen die eigene Familie und gegen die Berufskollegen achten; die Tugend der Klugheit ist es, die uns in jedem konkreten Fall die richtige Entscheidung treffen und sie zügig verwirklichen lässt... Und all das – nochmals sei es gesagt – aus Liebe.5

Alle menschlichen Tugenden sind nötig, denn sie bilden ein Gewebe, in dem die einzelnen Fäden einander verstärken, dabei aber einer Ordnung unterliegen: Einige Fäden werden früher als die übrigen gespannt, wie bei einem Teppich, der gewebt wird.

Da die erste Bedingung ist, zu arbeiten und gut zu arbeiten, ist leicht zu verstehen, dass der heilige Josefmaria zwei menschliche Tugenden besonders hervorhebt. Die Tugenden der Arbeitsamkeit und der Sorgfalt verbinden sich zu einer einzigen inneren Haltung: zum Bemühen, die von Gott empfangenen Talente fruchtbar werden zu lassen6.

Wie im Gleichnis des Evangeliums hat der Herr jedem die notwendigen Talente gegeben für die Aufgabe, ihn durch die Heiligung des Berufes in allen Tätigkeiten der Menschen präsent zu machen. Es ist nicht zulässig, uns wie der schlechte und faule Diener7 zu verhalten, der das empfangene Talent vergrub. Gott will, dass wir aus Liebe zu ihm mit unseren Talenten Handel treiben. Und deshalb müssen wir ernsthaft, beständig, exakt und qualitätsvoll arbeiten und jeden nötigen Einsatz dazu leisten.

Arbeitsamkeit und Fleiß helfen, mit dem zu beginnen, was jetzt zu tun ist, nicht mit irgendetwas oder mit dem, das uns gerade gefällt, und es auszuführen, wie und wann es getan werden soll. Der Arbeitsame nutzt die Zeit, denn sie ist mehr als Geld, sie ist Verherrlichung Gottes. Er tut, was er soll, und ist gegenwärtig in dem, was er tut, aber nicht in einer Haltung gelangweilten Zeitvertreibs, sondern mit aufmerksamer, kluger Überlegung. Deshalb ist er sorgfältig. Das lateinische Wort für sorgfältig, diligens, kommt von diligere, das „lieben“, „schätzen“, „prüfend auswählen“ heißt. Sorgfältig ist nicht, wer hastig agiert, sondern wer mit Liebe und Umsicht arbeitet.8

Gegen die Arbeitsamkeit widersetzt sich die Trägheit, die eine Hauptsünde und aller Laster Anfang9 ist. Eine ihrer Ausdrucksformen ist, die Erfüllung der Pflichten hinauszuzögern10, das, was schwer fällt, aufzuschieben und andere Arbeiten, die mehr gefallen oder weniger Anstrengung erfordern, zuerst zu machen. Verschiebe deine Arbeit nicht auf morgen11, rät der heilige Josefmaria , denn gelegentlich begründen wir unser übertriebene Bequemlichkeit mit falschen Ausreden und vergessen die liebenswerte Verantwortung, die auf uns lastet; wir geben uns mit dem zufrieden, was gerade so ausreicht, um über die Runden zu kommen, und wir verschleiern unsere Faulheit hinter Scheingründen, während doch Satan und seine Verbündeten sich niemals eine Pause gönnen12. Wir dienen unserem Gott nicht mit Loyalität, wenn wir dazu Anlass geben, dass man uns als träge, unzuverlässig, oberflächlich, unordentlich, faul, unnütz bezeichnet...13

Ganz im Gegensatz dazu wird die Arbeitsamkeit verformt, wenn man der Arbeit nicht die gebührenden Grenzen setzt für die notwendige Erholung oder um sich um die Familie zu kümmern und um andere Kontakte, die man pflegen muss. Der heilige Josefmaria warnt vor der Gefahr einer maßlosen Beschäftigung mit der Arbeit, der „Professionalitis“, wie er diesen Fehler nennt, um verständlich zu machen, dass es dabei um eine Art pathologischer Entzündung der beruflichen Arbeit geht.

Die Berufsarbeit ist das Feld zur Ausübung aller menschlichen Tugenden; nach dem Beispiel der Jahre Jesu in Nazareth. Ordnung und Gelassenheit, Freude und Optimismus, Starkmut und Beständigkeit, Loyalität, Demut und Sanftmut, Hochherzigkeit und viele anderen Tugenden machen aus der beruflichen Arbeit ein fruchtbares Terrain, das der Regen der Gnade mit Früchten füllt.

In seiner Predigt über die menschlichen Tugenden in der Arbeit zieht der heilige Josefmaria oft das Bild des kleinen Esels heran. Hoffentlich gelingt es dir – du willst es ja!, die Tugenden des Eselchens zu erlangen. Es ist ein anspruchsloses, demütiges Tier, leistungsfähig, fleißig und emsig bei der Arbeit; dazu treu, mit sicherem Schritt, kräftig und – wenn sein Herr gut ist – auch dankbar und gehorsam.14

Besonders achtet er auf die Arbeit des „Eselchens am Schöpfrad“: Wunderbare Beharrlichkeit des Esels am Schöpfrad des Brunnens! – Immer im gleichen Schritt. Immer die gleichen Runden. – Ein Tag und noch einer, alle gleich. Ohne das würden die Früchte nicht reif, der Garten nicht üppig, und seine Beete blieben ohne Duft. Nimm diesen Gedanken für Dein inneres Leben.15

Dieses Beispiel dient ihm, um die Ausdauer bei der Arbeit und in der Erfüllung der Pflichten zu preisen, um den Starkmut zu loben und besonders die Demut dessen, der weiß, dass er ein Instrument in Gottes Händen ist und sich nicht selbst das Verdienst der Werke zuschreibt, die er vollbringt.16

Die Metapher stammt aus der Bibel. Der heilige Josefmaria entnimmt sie dem Gebet des Psalmisten, das er öfter lateinisch zitiert: „ut iumentum factus sum apud te…“, „ich war wie ein Stück Vieh vor dir. Ich aber bleibe immer bei dir, du hältst mich an meiner Rechten. Du leitest mich nach deinem Ratschluss und nimmst mich am Ende auf in die Herrlichkeit“ (Ps 72(73) 22-24). Auch den kleinen Esel betrachtet er, den der Herr wählte für seinen triumphalen Einzug in Jerusalem (vgl. Mk 11,2-7), und dass Jesus zufrieden ist mit einem armen Tier als Thron17. Ein Esel war sein Thron in Jerusalem!18 Der selige Alvaro erklärt dazu: damit will er uns lehren, „mit Demut und Ausdauer zu arbeiten, damit auch wir Thron des Herrn sein können“19 und ihn im eigenen Herzen herrschen zu lassen. So heben wir ihn an die Spitze der menschlichen Tätigkeiten trotz unserer persönlichen Armseligkeiten20.

Ohne das tägliche Bemühen, diese Tugenden in der Arbeit zu üben, verfällt man leicht in den Irrtum derer, die sich für praktizierende Christen halten, weil sie an einigen Kulthandlungen teilnehmen und ein paar Gebete sprechen, deren Berufsleben sich aber durch Verfehlungen gegen Gerechtigkeit, Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit – mehr oder weniger offen – abseits der christlichen Moral bewegt.

Eine solche Arbeit ist Gott nicht wohlgefällig, und man kann nicht sagen, dass sie gut verrichtet und geheiligt ist, auch wenn sie in den Augen der Menschen glänzende Ergebnisse erzielt und wegen der technischen Vollkommenheit einiger Aspekte hervorsticht. Der hl. Josefmaria hat immer gelehrt, den Glauben in der Berufsarbeit in die Praxis umzusetzen – ihn geradezu zu verkörpern –, was man durch die menschlichen von der Liebe (caritas) durchdrungenen Tugenden und letztendlich mit der Einheit des Lebens erreicht.

Ohne die Liebe reicht die menschliche Anstrengung nicht aus, um die Arbeit zu heiligen, denn die Liebe – die übernatürliche Liebe zu Gott und den Menschen – macht das Wesen der Heiligkeit aus. Mag ein Christ auch noch so wirkungsvoll sein, wenn ihm die Liebe fehlt, heiligt er seine Arbeit nicht. In Wirklichkeit kann man auch nicht sagen, dass er gut arbeitet, denn die Liebe liegt in den Tugenden, und ihr Fehlen zeigt sich früher oder später im Zusammenbruch derselben: in Ungerechtigkeit, Hass, Zorn, Neid...

Die Liebe zu Gott ist kein untätiges Gefühl. Sie ist ein Akt der theologischen Tugend der caritas, die zusammen mit Glaube und Hoffnung mittels der Übung aller natürlichen Tugenden die konkrete Lebenswirklichkeit eines Kindes Gottes leiten muss. Nur so können wir Christus gleichförmig werden, der vollkommener Gott und vollkommener Mensch ist.

Die kleinen Dinge

Die christlichen Tugenden zeigen und entwickeln sich in der beruflichen Arbeit gewöhnlich durch kleine Dinge. Sogar die Arbeitsamkeit als solche, die gewissermaßen die Bedingung für die übrigen Tugenden im Bereich der Arbeit ist, besteht nicht allein darin, viel zu arbeiten, denn man darf nicht vergessen, wenn jemand fortwährend die Kleinigkeiten missachtet, kann es dahin kommen, dass er trotz rastlosen Schaffens letztlich doch ein Faulenzer ist.21

Diese Tugend kann an Wert verlieren, wenn man das Bemühen in den Details der Ordnung vernachlässigt, die einem vielleicht von Natur aus nicht liegen; wenn man die Arbeit nicht pünktlich beginnt oder beendet, wenn man die Familie hintansetzt oder die apostolischen Initiativen mit der Entschuldigung vernachlässigt, die Arbeit absorbiere fast alle Energien. Die Pflege der kleinen Dinge aus Liebe zu Gott schützt vor dieser Gefahr, denn sie hütet die Lauterkeit der Absicht, weil viele Kleinigkeiten nur vor Gott glänzen. Die Heiligkeit besteht nicht darin, jeden Tag schwierigere Dinge zu machen, sondern sie jeden Tag mit mehr Liebe zu tun.22

Das Geheimnis, die Arbeit jeden Tag besser zu verrichten, liegt in den kleinen Dingen, die für ein Kind Gottes in Reichweite liegen und unserer Tätigkeit den letzten Schliff der Vollkommenheit geben.

Etwas anderes ist der Perfektionismus, ein Fehler, der darin besteht, im äußeren Erfolg der Arbeit die Vollkommenheit um ihrer selbst willen als Ziel zu suchen. Dieser Defekt kommt einer Missbildung der menschlichen Tugenden gleich und ist ein Zeichen dafür, dass man die Gesamtübersicht verloren hat. Es fehlt dann auch die Klugheit, die uns zuweilen ansagt, dass das Bessere der Feind des Guten ist, denn um das Bessere anzustreben, werden andere Forderungen einer gut getanen Arbeit missachtet, wie etwa die Arbeit zum festgesetzten Termin zu beenden. Der Perfektionismus ist ein Surrogat der Perfektion und zeigt Eigenliebe und eitle Selbstgefälligkeit, die es mit dem Realismus christlicher Demut zu bekämpfen gilt, weil diese die eigenen Grenzen anzuerkennen und auf Gott zu vertrauen vermag.

Gott hat alles aus Liebe erschaffen und seine Werke sind vollkommen: Dei perfecta sunt opera23. Unsere Arbeit ist Teilnahme am Schöpfungswerk Gottes24 und muss, soweit es von unseren Kräften abhängt, mit Gottes Gnade auch vollkommen sein.

Die Pflege der kleinen Dinge charakterisiert die göttliche Arbeitsweise eines Kindes Gottes, denn sie bringt die Vollkommenheit der Liebe zum Ausdruck. Und außerdem ist sie grundsätzlich wichtig, um die Beschaulichkeit bei der Arbeit zu erreichen. So wie Gott schuf und sah, dass es gut war25 – da er in den erschaffenen Dingen den Widerschein seiner Liebe und Wahrheit betrachtete –, so wird auch analog – wobei die Analogie hier eine unendliche Distanz beinhaltet – unsere Arbeit gut und ein Mittel der Kontemplation sein, wenn es eine Arbeit ist, die nicht nur bis ins letzte Detail vollendet, sondern auch mit lauterer Absicht getan ist. So wird die Arbeit Gebet. Beschauliches Gebet, denn eine vollkommen ausgeführte Arbeit, bei der liebevoll auf die kleinen Dingen geachtet wird, macht es möglich, diese Spur des Göttlichen (…), die in den kleinen Dingen verborgen liegt26, zu entdecken. Der heilige Josefmaria folgerte deshalb: Wenn ein Christ die unbedeutendste Kleinigkeit des Alltags mit Liebe verrichtet, dann erfüllt sich diese Kleinigkeit mit der Größe Gottes27.

Lernen, gut zu arbeiten

Das wunderbare Panorama, das sich vor unseren Augen öffnet, muss in die Tat umgesetzt werden. Gutes tun zu wollen, genügt nicht, man muss auch lernen, wie man es tut.28 Gott und dem Nächsten mit unserer Arbeit zu dienen erfordert Vorbereitung, eine nicht nur technische, sondern auch moralische, menschliche und christliche Kompetenz.

Um zu dienen, muss man taugen, sagte der hl. Josefmaria wiederholt , damit wir nie vergessen, dass der gute Wille allein nicht ausreicht, um ein guter Arzt oder eine gute Hausfrau zu sein, sondern dass es dazu Kenntnisse und Tugenden braucht. Ich glaube nicht an die gute Absicht eines Menschen, der sich nicht bemüht, das notwendige Fachkönnen zu erlangen, um gute Arbeit zu leisten.29 Die Berufsausbildung, um die Arbeit zu heiligen, besteht aber nicht allein im Erwerb theoretischer Kenntnisse. Dazu ist wie gesagt viel mehr notwendig: es bedarf von der Liebe durchdrungener menschlicher Tugenden. Hauptsächlich aus diesem Grund dauert die berufliche Ausbildung ein ganzes Leben lang. Sie verbessert sich von Tag zu Tag im Bemühen, in den christlichen Tugenden zu wachsen. Ein bloßes Verlangen nach den natürlichen Tugenden genügt aber nicht, man muss sie regelrecht erlernen. Discite benefacere (Jes 1, 17), lernt Gutes tun. Es ist nötig, das Tun der Tugend beharrlich zu üben: die Taten der Aufrichtigkeit, der Wahrhaftigkeit, der Unparteilichkeit, der Gelassenheit, der Geduld – denn die Liebe besteht in Taten, und Gott kann man nicht mit Worten allein, sondern man muss ihn in der Tat und in der Wahrheit (1 Joh 3, 18) lieben.30

Eine wunderbare Leitbahn für diese Bildung ist die persönliche geistliche Leitung. Wer imstande ist, seine Seele sperrangelweit zu öffnen, kann passende Ratschläge bekommen, die manchmal Hinweise zu moralischen Pflichten oder Gewissensfragen sind, denn der Heilige Geist schenkt sein Licht und seine Gnade durch dieses Mittel der Heiligung. Es gilt auch bereit zu sein, sich am Arbeitsplatz selbst weiterzubilden, und die Hilfestellungen derer zu nützen, die mit uns zusammen sind. Dafür sind Demut und Einfachheit nötig, um die eigenen Unzulänglichkeiten zuzugeben und sich helfen zu lassen, nicht aber aus Selbstgenügsamkeit, Einbildung und Eitelkeit jegliche Hilfe abzulehnen.

Begeisterung für den Beruf

Eine sehr günstige innere Disposition, um die Arbeit zu heiligen, liegt in der Begeisterung für den Beruf. Aber es ist wichtig, eine richtige, hohe Vorstellung von dem zu haben, was diese Begeisterung bei einem Christen bedeutet, um sie nicht auf eine schlicht natürliche Neigung oder ein Gefühl zu reduzieren.

Streng genommen ist es der Eifer, Gott und dem Nächsten mit unserer Arbeit zu dienen, mit unserer christlich orientierten Berufsarbeit zum menschlichen Fortschritt beizutragen und die Gesellschaft auf diese Weise mit dem Geist Christi zu durchdringen. Darin liegt der Kern der Begeisterung eines Kindes Gottes für seine Arbeit, die das Interesse an der gestellten Aufgabe weckt und sie von der Wurzel her mit dem Saft übernatürlicher Hoffnung nährt. Diese Hoffnung hält den Eifer wach, der die Prosa des Alltags in epische Dichtung verwandelt31.

Es gibt keine monotone Abfolge sich wiederholender Handlungen mehr, wie es auch im Leben von Jesus, Maria und Josef in Nazareth nie der Fall war. Man entdeckt in unseren Tätigkeiten immer neue Dimensionen und erfreut sich an der Gegenwart Gottes, der sie gutheißt und die Opfergabe einer gut verrichteten Arbeit gern annimmt.

Für ein Kind Gottes ist die Begeisterung für den Beruf niemals eine bloße Geschmacksache oder eine vorübergehende Laune. Es ist Begeisterung für diese konkrete Arbeit, die Gott will, um sie zu heiligen und Frucht zu bringen. Deshalb gibt es eine Berufung zum Beruf, die ein wichtiger Teil der göttlichen Berufung zur Heiligkeit und zum Apostolat ist. Die berufliche Berufung entdeckt man jedoch nicht nur durch die Neigungen und Fähigkeiten – die auch wichtig sind –, sondern ebenso durch die Umstände, in welche die göttliche Vorsehung einen jeden stellt, ganz konkret anhand der zu erfüllenden Pflichten und der Dienste, die man zu leisten imstande ist.

Dieses Geflecht von Gegebenheiten macht die Berufung zum Beruf aus, und sie wird Berufung genannt, weil es sich tatsächlich um einen Ruf Gottes handelt, in Übereinstimmung mit den persönlichen Umständen die bestgeeignete berufliche Tätigkeit als Materie der Heiligung und des Apostolates zu wählen. In diesem Rahmen sieht man deutlich, wie weit die Verformung, die sich Professionalitis nennt, von der gesunden Begeisterung für den Beruf entfernt ist. Letztere ist die Liebe zur Arbeit als Mittel der Heiligung und des Apostolates; erstere ist die Versklavung an einen Götzen, den man zu einem Ziel erhoben hat. Und das kann geschehen, ohne dass man es ausdrücklich vorgehabt hätte, einfach weil man versäumt hat, die Absicht zu läutern, so dass man sich in der Praxis von irdischen Zielen hat leiten lassen und den Erfolg nur zur Selbstbestätigung und aus Selbstgefälligkeit angestrebt hat.

Der heilige Josefmaria weist auf diese Gefahr hin: Du musst deiner beruflichen Arbeit den ihr zukommenden Stellenwert geben: sie ist nur Mittel, um ein Ziel zu erreichen. Auf keinen Fall darfst du sie jemals für das Wesentliche halten. Wie oft verhindert die Vergötzung des Berufs das Einswerden der Seele mit Gott.32 Lernen, gut zu arbeiten bedeutet auch, der Arbeit den richtigen Stellenwert zu geben, den immensen Wert, der ihr als der Achse der Heiligung im gewöhnlichen Leben entspricht. Aber die Achse ist nicht alles.

Den guten Fachmann erkennt man an seiner Arbeit. Den hl. Josef kannten alle als den Zimmermann, und Jesus als den Sohn des Zimmermanns, den fabri filius33, der auch selbst Zimmermann war34. Das Ergebnis ihrer Arbeit liegt uns nicht vor, auch keines der Stücke, die sie hergestellt haben. Aber sicher arbeiteten sie qualitativ gut und so perfekt, wie es die damaligen Werkzeuge eben zuließen. Sie arbeiteten mit vollem Einsatz, ordentlich und froh, während die Muttergottes sich mit dem gleichen Geist um die Hausarbeit kümmerte. Erhalten ist uns jedoch die erlösende Liebe Jesu in dieser Tätigkeit und, in einem einzigen Herzschlag verbunden mit der seinigen, die Liebe von Maria und Josef. Das ist der Kern der Heiligung der Arbeit.

1 Im Feuer der Schmiede, Nr. 698.

2 Vgl. Der Weg, Nr. 359.

3 Freunde Gottes, Nr. 55.

4 Die Spur des Sämanns, Nr. 527.

5 Freunde Gottes, Nr. 72.

6 Ebd., Nr. 81.

7 Vgl. Mt 25, 26.

8 Freunde Gottes, Nr. 81.

9 Die Spur des Sämanns, Nr. 505. Vgl. Katechismus der katholischen Kirche, Nr. 1866.

10 Vgl. Hl. Thomas von Aquin, S. Th., II-II, q. 54, a. 2, ad 1.

11 Der Weg, Nr. 15.

12 Freunde Gottes, Nr. 62.

13 Ebd., Nr. 62.

14 Im Feuer der Schmiede, Nr. 380.

15 Der Weg, Nr. 998.

16 Vgl. Im Feuer der Schmiede, Nr. 607.

17 Christus begegnen, Nr. 181.

18 Der Weg, Nr. 606.

19 Seliger Alvaro del Portillo, Anmerkung 143 zur Instruktion, 9.1.1935, Nr. 221, zit. in E. Burkhart – J. López, Alltag und Heiligkeit in der Lehre des heiligen Josefmaria , Band 3, Adamas, Köln 2017, S. 176.

20 Vgl. Im Feuer der Schmiede, Nr. 607; Freunde Gottes, Nr.137.

21 Die Spur des Sämanns, Nr. 494.

22 Aufzeichnungen der Predigt (AGP, P10, Nr. 25).

23 Dt 32, 4.

24 Vgl. Katechismus der katholischen Kirche, Nr. 2427.

25 Gen 1, 10 ff.

26 Gespräche, Nr. 116.

27 Ebd., Nr. 116.

28 Christus begegnen, Nr. 50.

29 Ebd., Nr. 50.

30 Freunde Gottes, Nr. 91.

31 Christus begegnen, Nr. 50.

32 Die Spur des Sämanns, Nr. 502.

33 Mt 13, 55.

34 Vgl. Mk 6, 3.