Was der Papst nicht nur den Iren geschrieben hat

Der Hirtenbrief von Benedikt XVI. an die Katholiken in Irland über Kindesmissbrauch wurde angesichts der aktuellen Situation auch in Deutschland mit Spannung erwartet. In der aktuellen Situation hat dieser Brief auch hierzulande Bedeutung, wie Erzbischof Zollitsch, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, betont hat.

Am 19. März unterschrieb Papst Benedikt XVI. einen Hirtenbrief an die Katholiken in Irland, der das schmerzliche Thema von Kindesmissbrauch im Raum der Kirche zum Thema hat und am Sonntag nach der Unterzeichnung in allen Kirchen Irlands verlesen wurde. Dieser Brief wurde angesichts der aktuellen Situation auch in Deutschland mit Spannung erwartet. Auch wenn sich der Heilige Vater ausdrücklich nur an die irischen Gläubigen wendet, hat dieser Brief für die Katholiken hierzulande Bedeutung. Das betonte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Zollitsch. 

Der Brief geht alle Katholiken weltweit an, weil der Missbrauch von Kindern, vor allem durch Priester, immer ein schreckliches Verbrechen ist und unsägliches Leid verursacht, egal ob in Irland, Deutschland oder anderswo. Die deutlichen Worte des Papstes an die Täter gelten allen Katholiken, die sich schuldig gemacht haben: „Ihr habt das Vertrauen, das von unschuldigen jungen Menschen und ihren Familien in Euch gesetzt wurde, verraten und Ihr müsst Euch vor dem allmächtigen Gott und vor den zuständigen Gerichten dafür verantworten. Ihr habt die Achtung der Menschen Irlands verspielt und Schande und Unehre auf Eure Mitbrüder gebracht.“ (Hirtenbrief, Nr. 7) Das aufrichtige Bedauern und die tiefe Scham, die der Papst ausdrückt, richten sich an alle Opfer: „Ihr habt viel gelitten und ich bedaure das aufrecht. Ich weiß, dass nichts das Erlittene ungeschehen machen kann. Euer Vertrauen wurde verraten und eure Würde wurde verletzt. (...) Es ist verständlich, dass es schwer für Euch ist, der Kirche zu vergeben oder sich mit ihr zu versöhnen. Im Namen der Kirche drücke ich offen die Schande und die Reue aus, die wir alle fühlen.“ (Nr. 6) Auch die Mahnungen an die Bischöfe, Fehler in ihrem Handeln einzugestehen und sich nun ganz entscheiden gegen den Missbrauch von Kindern zu stellen, mit den staatlichen Behörden zusammenzuarbeiten und den Opfern zu helfen, gelten nicht nur für Irland. 

In diesen Tagen wird deutlich, dass Kindesmissbrauchs ein Problem der gesamten Gesellschaft darstellt. Auch in nicht-katholischen Einrichtungen, ja besonders im Raum der Familie wird Kindern Gewalt angetan. Die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit bündelt sich zurzeit fast ausschließlich auf Fälle in katholischen Einrichtungen. Viele sehen darin eine Kampagne gegen die Kirche. Das ist zum Teil wohl so, doch können wir Katholiken deshalb nicht sagen: „Die da aber auch! Und guckt Euch erst die anderen an. Wir sind gar nicht so schlimm.“ Vielmehr gilt es – vor allem auch aus Respekt vor den Opfern – die Bemühungen der Bischöfe mit unserem Gebet zu unterstützen und den Herrn um Heilung der geschlagenen Wunden zu bitten. Denn was der Papst den Gläubigen in Irland schreibt, schreibt er indirekt auch den Gläubigen in Deutschland und überall: „Ich lade Euch alle ein, die Freitagsbuße für die Dauer eines Jahres bis Ostern 2011 dieser Intention zu widmen. Ich bitte Euch, Euer Fasten, Euer Gebet, Eure Schriftlesung und Eure Werke der Nächstenliebe dem zu widmen, damit Ihr so die Gnade der Heilung und der Erneuerung für die Kirche in Irland erlangt. Ich ermutige Euch, aufs Neue das Sakrament der Versöhnung für Euch zu entdecken und häufiger die verwandelnde Kraft seiner Gnade zu nutzen. Besondere Aufmerksamkeit sollte ebenfalls der eucharistischen Anbetung zuteil werden.“ (Nr. 14) 

Der Papst ist sich über die Tragweite und Schwere der Fälle von Missbrauch im Klaren. Der Weg der Heilung, der Reinigung und der Erneuerung geht nur über eine echte Umkehr aller Gläubigen – Geweihte und Laien – zu Christus. Denn wer Christus wahrhaftig nachfolgt und die kirchlichen Gebote wirklich verinnerlicht, der schützt die Kinder und schadet ihnen nicht. Gleichzeitig können so die richtigen Maßnahmen erkannt und verwirklicht werden. Dann kann die Kirche Vorreiter und Vorbild für die Gesellschaft werden, aber nicht um eine gute Presse zu bekommen, sondern weil es vor Gott und den Menschen richtig ist.

von Pfarrer Klaus Klein-Schmeink