Nie war es so schlimm wie in Haiti

Dr. Alberto Lafuente war schon bei Katastrophen-Einsätzen in Pakistan, Afghanistan und Indonesien. „Aber die Tragödie von Haiti ist das Schlimmste, was ich je erlebt habe“, sagt der Anästhesist an der Uniklinik von Pamplona.

Dr. Alberto Lafuente

Das Erdbeben in Haiti ist bereits die fünfte Katastrophe, die Dr. Alberto Lafuente von der Clínica Universidad de Navarra als Freiwilliger miterlebt hat. Der Anästhesist (37) war schon beim Quasi-Krieg in Afghanistan, bei den Erdbeben 2005 in Pakistan und 2009 in Indonesien sowie bei einem Tsunami im Juni 2006 ebenfalls in Indonesien dabei. Vorige Woche berichtete der medizinische Koordinator des spanischen Hilfs-Kontingents über den Einsatz in Haiti. Lafuente: „Diese Tragödie ist das Schlimmste, was ich je erlebt habe. Es war einfach ein Inferno, ein Chaos. Wobei ich allerdings gleich dazu sagen will, dass unsere spanischen Freiwilligen ihre Sache sehr gut gemacht haben.“ 

Wir konnten vielen Schwerverletzten helfen

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Die Arbeitsbedingungen waren hart: „Zwölf Stunden in einem durch, Essen wenn’s gerade geht, furchtbare Hitze. Vor allem aber brachte der pausenlose Zustrom an Schwerverletzten die Hilfsmannschaft zur Erschöpfung. Doch Alberto Lafuente lässt keinen Zweifel am Sinn des Einsatzes aufkommen: „Unsere Bemühungen für die Leute hier haben sich auf jeden Fall gelohnt. Wir konnten vielen Leuten helfen. Und das hat den Helfern geholfen, ihre Übermüdung zu überwinden. Es wurde einem klar: Wir müssen den Haitianern, die so furchtbar leiden, schon ein Stück von uns selber geben. Wenn man das nicht könnte, müsste man über einiges nachdenken – zum Beispiel, wofür man eigentlich Medizin studiert hat.“

Versorgung und Sicherheit

Nach dem Dauereinsatz in Port-au-Prince hält Alberto Lafuente die Versorgung der Hilfsmannschaft mit Wasser, Strom und Telefonverbindungen wenigstens in der Hauptstadt für einigermaßen ausreichend. Der Bevölkerung fehle es hingegen nach wie so ziemlich an allem. „Allmählich bekommen die Menschen wieder eine gewisse Versorgung. Das ist nicht leicht, denn dieses Land ist einfach zerstört. Und außerdem war die Lage der Leute vor dem Erdbeben auch schon schlimm. Es herrschte bittere Armut“, meinte Lafuente.

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„Was die Sicherheit der Hilfskräfte angeht, hatten wir eigentlich keine Probleme”, so Lafuente. „Da konnten wir auf die UNO vertrauen. Aber für die Bevölkerung sieht es auch auf diesem Gebiet noch gar nicht gut aus.“  

Offene Knochenbrüche und Geburten

Der medizinische Einsatz der Spanier habe sich auf ein Krankenhaus konzentriert – eins von den drei Hospitälern, die von den ursprünglichen zehn in Port-au-Prince noch funktionieren. Das kam so, berichtete Lafuente, weil sein Kontingent gleich nach den Amerikanern als zweites vor Ort war. Zuerst wurde die Infrastruktur des Hauses geregelt und eine mitgebrachte Operations-Einheit aufgebaut, in der das chirurgische Team dann vom ersten Tag an operiert habe. Mit dabei war ein Chirurg der Universitätsklinik von Navarra.

„Hauptsächlich haben wir die zahllosen offenen Knochenbrüche versorgt“, hebt Dr. Lafuente dazu hervor. „Die meisten wiesen schon schwere Vereiterungen auf und sogar Wurm-Befall. In diesen Fällen mussten die verletzten Gliedmaßen amputiert werden. Mit Antibiotika wurde versucht, Blutvergiftungen zu verhindern.“ Daneben betreute der Anästhesist zahlreiche Kaiserschnitte, „denn die Geburten gehen natürlich weiter. Außerdem gebären viele Frauen, bedingt durch den Stress, auch schon vor der Zeit.“

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