Jetzt katholisch – und was eine Marienwallfahrt damit zu tun hat

Spielt die christliche Konfession überhaupt noch eine Rolle?, fragen viele. Wenn es um gelebten Glauben geht, dann kommen Maria, das Lehramt und der Papst wie von selbst ins Spiel, berichtet der Theologe und ehemalige evangelische Pastor Dr. Hinrich E. Bues. Vor allem seine Erfahrungen mit der Marienwallfahrt in Schleswig-Holstein stehen im Mittelpunkt seines Berichts.

Kirchnüchel-Madonna mit Kind (um 1400) Quelle: Wikicommons, Holger Eilgaard.

Warum sind wir - als gläubige evangelische Christen und Pastorenfamilie – katholisch geworden, werde ich von katholischen Christen häufiger gefragt. Drei Punkte fallen mir als Antwort am schnellsten ein: Der Papst und Nachfolger des Apostels Petrus, das katholische Lehramt und Maria, die Jungfrau und Gottesmutter.

Wer, wie wir, die Zerrissenheit der protestantischen Kirchlichkeit, die tausendfachen Lehren, Meinungen, Spaltungen und Konfessionen erlebt hat, ist froh und dankbar für einen Papst und ein Lehramt, der oder das zumindest die Möglichkeit und Vollmacht hat, für die Einheit der Kirche Christi und ein Ende von Häresien und Schismata zu sorgen. Wo in der evangelischen Spiritualität die Gottesmutter Maria so etwas wie ein „blinder Fleck“ ist, erlebten wir dankbar, die mütterliche Wärme und die Hilfe der „Advocata“, die wir nicht anbeten, wie Protestanten gerne fälschlicherweise behaupten, sondern verehren und um ihre Hilfe in so vielen Anliegen anrufen.

Vor ungefähr 15 Jahren kamen wir deswegen, zusammen mit Freunden vom Opus Dei, auf die Idee im Mai eine kleine Familienwallfahrt zu veranstalten. Wir entdeckten in Schleswig-Holstein einen seit der Einführung der evangelischen „Reformation“ verwaisten Marien-Wallfahrtsort mit einer dennoch langen Tradition: Kirchnüchel. Schon vor 750 Jahren, in der katholischen Zeit in Schleswig-Holstein, machten Pilger aus Schweden – auf dem Weg an das Grab des Heiligen Jacobus in Santiago de Compostela – an diesem Ort Rast. Sie labten sich an der „Marienquelle“ und verehrten die kleine, aus Elfenbein geschnitzte Madonna in der Marienkirche von Kirchnüchel.

Diese Tradition lebt nun seit 1969 langsam wieder auf, seit die kleine Madonna aus einem Landesmuseum wieder in die Marienkirche zurückgekehrt ist, katholische und ökumenische Gruppen wieder dorthin pilgern, um die allerseligste Gottesmutter um Hilfe für die Familien und bei der Evangelisation dieser weitgehend seit der evangelischen Reformation heidnisch gewordenen Gegend anzurufen. Viele Menschen sind im Norden von Deutschland zwar dem „Namen nach“ Christen, aber fast niemand praktiziert mehr den christlichen Glauben.

Kann Maria in dieser Situation helfen? Wir waren davon überzeugt. Deswegen luden wir Christen zu dieser Familien-Wallfahrt ein. Seit 15 Jahren treffen wir uns nun auf einer Wiese oder in einem Garten, um dort den Rosenkranz in fünf Stationen zu beten und zu picknicken. Nach einer immer viel zu kurzen Zeit zum Spielen und Gespräch untereinander, machen wir uns dann nach Kirchnüchel auf, um in der Marienkirche die Heilige Messe mit Priestern vom Opus Dei zu feiern.

Die durchgängige und wunderbare Erfahrung, die wir auf all diesen Wallfahrten machten, kennen „altgediente“ Katholiken wahrscheinlich zur Genüge: Für uns als frisch konvertierte, gerade zum katholischen Glauben Umgekehrte, war diese Erfahrung aber ganz außerordentlich. Wir erlebten eine seltsame Freude, einen Frieden und eine Atmosphäre der Freundschaft unter allen Pilgern, die alle Mühen der Vorbereitung mehr als lohnte.“