Die Welt durch das Wort Jesu erhellen

Der Priester muss sich ganz seinem Amt hingeben, ohne falsche Kompromisse, ohne Lauheit, Müßiggang oder Entmutigung

Msgr. Dr. Klaus Martin Becker, Köln

Auf Petrus, den Felsen, ist die Kirche gebaut, hören wir im Evangelium (Mt 16,18-19). Dieses unerschütterliche Fundament, für das Christus selbst garantiert, ist durch alle Zeiten spürbar im geistlichen Amt. Anteil an diesem Amt haben nach Petrus die übrigen Apostel und deren Nachfolger, die Bischöfe. Diese beteiligen die Priester an ihrem Amt.

Der erste und alles weitere tragende Grund des Priesteramtes bleibt Christus. Er ist der Garant des Felsen Petri. Das wird nicht zuletzt greifbar in der Binde- und Lösegewalt, die der Priester etwa im Bußsakrament verwaltet. Deswegen erwarten wir mit Recht vom Priester eine unverbrüchliche Treue zu Christus zunächst und dann zugleich zu Petrus und seinem Nachfolger, dem Papst. Fehlte diese Treue, so würde das Volk Gottes um eine echte Pastoral betrogen, die Gläubigen blieben „wie Schafe ohne Hirten“ (Mt 9,36).

Der Priester ist „aus den Menschen genommen, für die Menschen bestellt in ihren Angelegenheiten bei Gott“ (Hebr 5,1). Der griechische Kirchenvater Gregor von Nyssa schreibt: „Durch die Neuheit der Weihe ist der Priester ausgesondert von der großen Menge. Er war gestern und vorgestern noch einer von vielen, einer im Volk. Mit einem Mal wird er Führer, Vorsteher, Lehrer der Frömmigkeit, Vollzieher der verborgenen Mysterien und das, ohne daß er Leib und Gestalt ändert. Dem Äußeren nach bleibt er derselbe, der er war, aber durch eine unsichtbare Kraft und Gnade ist seine unsichtbare Seele zu etwas Höherem geworden“. (1) Das II. Vatikanische Konzil lehrt uns dazu: Fortan handelt der Priester „in der Person des Hauptes Christus“ an seinem Volk. (2)

Im Dienst der Priester an den Gliedern der Kirche nimmt vor allem die Spendung des Bußsakraments einen besonderen Platz ein. Hier zeigt sich der Priester als Guter Hirt, der führt, als Arzt, der heilt, und als Richter, der freispricht. Wenn der Priester sagt „ich spreche dich los von deinen Sünden“, dann ist selbstverständlich nicht er es, der Sünden vergibt, der Geschichte aufhebt – das kann nur Christus, d.h. Gott selbst. Welch großartige innere Befreiung schenkt das Bußsakrament. Die heilige Beichte ist ein kostbares Geschenk, das der auferstandene Christus am Ostertag seinen Jüngern macht. Nehmen wir unsere Priester als Beichtväter gerne in Anspruch auch dann, wenn keine absolute Notwendigkeit besteht, das Sakrament zu empfangen, weil wir in schwere Sünde geraten wären. Die häufige heilige Beichte ist ein hervorragendes Mittel für unsere Heiligkeit.

Wenn der Priester sein priesterliches Amt erfüllt, heiligt er die Menschen. Der hl. Josefmaria Escrivá hat einmal zu einem Priester gesagt: „»Deine Aufgabe beschränkt sich nicht darauf, die Seelen zu retten, vielmehr sollst du sie heiligen«. Und darum muss der Priester sich ganz seinem Amt hingeben, ohne falsche Kompromisse, ohne Lauheit, Müßiggang oder Entmutigung. Der Priester soll die Welt durch das Wort Jesu erhellen. Denn, um es mit einem Bild aus der Schrift zu sagen, das Volk Gottes spiegelt die leuchtende Heiligkeit seiner Priester wieder; möge Gott verhüten, dass sie Finsternis werden“(3). „Die Seele des Priesters hat zu leuchten wie ein Licht, das die ganze Welt erhellt“ (4), bemerkt der hl Johannes Chrysostomus. Das wird der Priester nur können, wenn er ein Mann des Gebetes ist. Es ist unmöglich, aus sich heraus zu strahlen; denn niemand kann geben, was er nicht hat. Es ist das Licht Christi, das der Priester wiedergibt. Er empfängt es vor allem im Gebet.

Der hl. Josefmaria charakterisiert das Priesterbild so: „Wenn das Priestertum in rechter Weise ausgeübt wird – das heißt ohne Schüchternheit und ohne Komplexe, die gewöhnlich Zeichen mangelnder menschlicher Reife darstellen, und ohne klerikale Überheblichkeit, die das Fehlen übernatürlicher Denkweise verrät –, dann bietet das Amt des Priesters als solches alle Gewähr dafür, dass der Priester als Mensch in schlichter und glaubwürdiger Weise und ganz legitim unter den Menschen präsent ist, an die er sich richtet“ (5).

(1) Gregor von Nyssa, Oratio in baptismum Christi – PG 46,581.

(2) Priesterdekret Presbyterorum Ordinis, 2.

(3) Andrés Vázquez de Prada, Der Gründer des Opus Dei Josemaría Escrivá, Bd. II, Köln 2004, S.623.

(4) Johannes Chrysostomus, De sacerdotio, VI,4 – PG 48,681.

(5)Gespräche mit Msgr. Escrivá de Balaguer, Köln 1970, S. 15.

von Klaus Martin Becker