Der junge Pantaleon lernt das Beten

Eine Romanszene macht anschaulich, was beten heißt

Das Martyrium des hl. Pantaleon

Der heilige Pantaleon lebte in der 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts in Nikomedien (heute Izmit in der Türkei). Der spätere Arzt und Märtyrer wurde von einem weisen Priester bekehrt und getauft. In dieser Zeit spielt die folgende Szene aus dem Roman von Peter von Steinitz „Pantaleon der Arzt“, die wir aus Anlass des Gedenktages am 27. Juli wiedergeben.

„Wie betet man als Christ?“ fragte sich der junge Pantaleon, nachdem durch seinen Ruf ‚Jesus!’ das tote Kind zum Leben zurück gekehrt war.

Auf Empfehlung seines Vaters begab sich Pantaleon zu dem Priester Hermolaos, den er kannte, aber mit dem er eigentlich nur als Kind gelegentlich gesprochen hatte. Einige Male hatte der Priester damals den Versuch unternommen, mit dem Jungen zu einem Gespräch über den Glauben zu kommen. Aber Pantaleon hatte sich ihm immer wieder entzogen. Daher fiel es ihm jetzt nicht leicht, den Priester aufzusuchen. Kaum hatte er jedoch die Schwelle seines Hauses überschritten, war jede Unsicherheit verflogen, denn Hermolaos war die Güte selbst.

In knappen Worten schilderte Pantaleon sein Erlebnis mit dem zum Leben zurück gekehrten Kind, und dem erfahrenen Seelenführer wurde sogleich klar, dass bei diesem jungen Menschen Gott selber eingegriffen hatte. Um den jungen Mann vor der Versuchung der Eitelkeit zu bewahren, gab er scheinbar dem Geschehen nicht viel Bedeutung.

„Hast du dich denn für die wunderbare Erweckung des Kindes bedankt?“ fragte er.

„Ja, aber es fällt mir immer noch schwer, mir genau vorzustellen, bei wem ich mich bedanke.“

Beten lernen 

„Hast du gebetet?“ „Nein, darum bin ich hier: ich möchte es lernen“. Hermolaos war über die Offenheit des Jünglings erstaunt. ‚Er kommt gleich zum Wesentlichen’ dachte er. Bevor er ihm aber die verschiedenen Arten des Betens erklärte, sagte er: „Ich will dir zunächst zeigen, was beten nicht ist. Es ist nicht Nachdenken, es ist auch nicht mit sich selber reden....“

„Das tun die alten Leute“, warf Pantaleon ein.

„Eben, es ist nicht ein Monolog, wie du es aus dem Theater kennst. Und es besteht auch nicht darin, dass man sich vagen Gefühlen oder Erinnerungen länger hingibt“:

„Nun gut, aber was ist es dann?“ Die bedächtige Art des Priesters machte ihn etwas nervös.

„Beten ist sprechen mit Gott. Aber da es ein Dialog ist, muss man auch zuhören, man muss sein Herz öffnen, damit Gott uns etwas mitteilen kann. Denn wenn wir innerlich zugeschlossen sind, respektiert er unsere Freiheit und lässt uns in Ruhe“.

„Wieder das mit der Freiheit, sagte Pantaleon, aber was kann ich denn Gott sagen? Ist er nicht allwissend? Dann braucht er doch von mir keine Mitteilungen“.

„Leon, darf ich kurz von deiner Mutter Eukuba sprechen?“ Pantaleon wurde unruhig, hörte aber weiterhin aufmerksam zu, denn all das zu begreifen, erschien ihm sehr wichtig

„Sie hat dich sehr geliebt – ich weiß das – und du hast sie geliebt. Wenn du wissen willst, wie du mit Gott sprechen, also beten sollst, dann sprich so mit ihm, wie du mit deiner Mutter gesprochen hast. Es kommt ihm nicht darauf an, dass du ihm etwas Geistreiches erzählst, vielmehr freut er sich über alles, was du ihm sagst, wenn du es in der Haltung eines Kindes tust.“

„Ich bin aber kein Kind mehr!“

„Vor den Menschen bist du ein Erwachsener, aber vor Gott sind wir alle Kinder, denn Gott will, dass wir vor ihm zwar Respekt, aber keineswegs Angst haben. Vielmehr sollen wir erkennen, dass er der beste aller Väter ist, dass wir uns vertrauensvoll – eben wie ein Kind – ihm nähern sollen. Das ist ja der Grund, warum Jesus, der Sohn des Vaters von Natur aus, uns das Gebet des Vaterunser gegeben hat. Die Jünger baten ihn, als sie sahen, wie wundervoll er betete, oft die ganze Nacht hindurch: Herr, lehre uns beten!“

„Gut, dann sage ich das jetzt auch, Herr Jesus, lehre mich beten!“

„Gut so. Mit Gott reden, wie man mit einem Freund redet, nicht hochoffiziell. Du hast, wie ich hörte, Gespräche mit dem Kaiser. Nun, wenn man mit einem Hochgestellten redet, achtet man peinlich darauf, was man sagt. Bei Gott ist das nicht nötig. Bei ihm brauchst du auch keine Audienz zu beantragen – er ist jederzeit und überall zu sprechen“.

„Das Vaterunser kann mir mein Vater beibringen, aber sagt mir bitte, ob das schon alles ist, was das Beten betrifft“.

Zwei Arten zu beten 

„Nein, mein Sohn, es gibt zwei Arten des Betens. Mit fertigen Worten, wie eben das Vaterunser, und dann mit eigenen Worten, das nennt man auch betrachtendes Gebet. Beide Arten sind richtig und wichtig.“

„Und was betrachtet man dabei?“

„Du sprichst – an einem ruhigen Ort, in der Kirche, zuhause oder auch in der freien Natur – über das, was ihn betrifft, und über das, was dich selbst betrifft“.

„Da gibt es Gesprächsstoff genug, denn ich würde gerne von ihm wissen, wie er die Welt und den Menschen gemacht hat, warum Menschen krank werden, was nach dem Tode kommt und Ähnliches mehr. Aber sagt mir bitte, lieber Meister Hermolaos: als Ihr eben davon spracht, dass Jesus der Sohn Gottes von Natur aus ist, heißt das, dass wir Menschen es nicht von Natur aus sind?“

„Jesus Christus ist von Ewigkeit der Sohn Gottes. In dem Glaubensbekenntnis, das die Gläubigen jetzt in Alexandrien beten, und das die Sache besonders deutlich zum Ausdruck bringt, heißt es: er ist dem Vater wesensgleich, er ist Gott von Gott, Licht vom Licht, und vor allem, er ist gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater.“

„Sind wir denn nicht gezeugt?“

„Ja, sicher, aber von unseren Eltern. Und alle, deine Eltern, du selbst und deine Kinder, wenn du einmal welche hast, sind Geschöpfe Gottes. Er selbst aber hat den Sohn, den einzigen, nicht geschaffen, dann wäre dieser ja geringer als der Vater, sondern gezeugt – aus sich selbst hervorgebracht. Das entzieht sich letztlich unserer Vorstellungskraft. Und vollends über unseren Horizont geht es, wenn wir bedenken, dass der Vater den Sohn nicht irgendwann einmal in längst vergangenen Tagen gezeugt hat, vielmehr dass diese Zeugung immer, jetzt, ewig ist. Denn Gott lebt in einem ewigen Jetzt. Für ihn gibt es nicht eine in drei Teile aufgespaltene Zeit. Das wäre ja eine Unvollkommenheit. Bei ihm ist alles gleich gegenwärtig, das Vergangene, das Gegenwärtige und das Zukünftige.“

„Das ist erhaben. Aber Ihr müsst mir noch sagen, wie denn die Geschöpfe Gottes zu Kindern Gottes werden!“

„Durch die Taufe.“