Der hl. Josefmaria und seine Liebe zur Schöpfung

Was hat der hl. Josefmaria über die Liebe zur Schöpfung gesagt? Anlässlich der Enzyklika "Laudato si" stellt der Theologe Guillaume Derville einen interessanten Vergleich an.

Anlässlich der Veröffentlichung der Enzyklika Laudato Si’ [LS] von Papst Franziskus über unsere Verantwortung für die Umwelt stellt sich die Frage: Was sagte der hl. Josefmaria über die Liebe zur Schöpfung? Bevor wir eine Antwort geben, muss man sich klarmachen, dass die Enzyklika Themen und Perspektiven aufzeigt, die der Gründer des Opus Dei noch nicht mit der Tiefe, der Weite und den Methoden (s. LS, 15 – 16) darstellen konnte wie das aktuelle Dokument des Lehramts.

Por Darren Johnson, <i>Working Environment</i>

Beginnen wir mit einigen gemeinsamen Aspekten. Der Heilige Vater spricht von der „Pflege des gemeinsamen Hauses“ [1],ein Begriff, der unterschiedliche Bezugspunkte hat.

Der hl. Josefmaria sprach zum Beispiel sinngemäß vom „gemeinsamen Haus“ der Universität. Im Zusammenhang mit politischer oder sozialer Ungerechtigkeit und Unterdrückung in den 1960er Jahren sagte er: “In der Universität soll man sich darauf vorbereiten, zur Lösung dieser Probleme beizutragen. Die Universität ist für alle da; sie ist ein Ort des Studiums, der Freundschaft und des friedlichen Zusammenlebens von Menschen der verschiedenen Denkrichtungen, die immer den legitimen Pluralismus der Gesellschaft ausdrücken.”[2] Der heilige Johannes Paul II. seinerseits gebrauchte in seiner Enzyklika Evangelium vitæ, ebenfalls diesen Begriff, als er äußerte, dass durch die Leugnung des ursprünglichen, unveräußerlichen Rechts auf Leben, der Staat nicht mehr das »gemeinsame Haus« ist, in dem alle nach den Prinzipien wesentlicher Gleichheit leben können”.[3] Wenn das „gemeinsame Haus“ zunächst an Frieden und Gleichheit in der Gesellschaft denken ließ, so lädt uns der Papst nun ein, diese Vorstellung zu erweitern und die ganze Welt umweltfreundlich zu gestalten (oikós ist das griech. Wort für Haus, Ende des 19. Jh. entstand, abgeleitet davon, der Begriff der Ökologie). Die Welt muss ihre Einstellung ändern (s. LG Kap. III) und die „Sünden gegen die Schöpfung“ unterlassen (LS, 8).

Eine leidenschaftliche Liebe zur Schöpfung

Der hl. Josefmaria lud ein, „die Welt leidenschaftlich zu lieben“. (Dies ist auch der Titel einer seiner bekannten Homilien). Diese Liebe bezieht sich zweifellos auch auf alles Materielle. Liebe ohne Respekt gibt es nicht. „Die Welt ist gut“ – sagte er – „denn die Werke Gottes sind immer vollkommen.“ Und weiter: “Wir Menschen sind es, die die Welt durch die Sünde verunstalten.“(4). Diese Überzeugung entstammt seinem Blick auf die Schöpfung, der von Glauben und Liebe durchdrungen war. Mit eben diesem Blick wollen wir Papst Franziskus in seiner Enzyklika folgen (s. z.B. LS, 96 – 100): von der ersten Ur-Schenkung (s. LS, 5) bis hin zur Offenheit für das Staunen und das Wunder (LS, 11), gepaart mit der bitteren Feststellung der Armut und Ungleichheit. Der hl. Josefmaria mahnte zum Respekt: „Die Reichtümer der Erde verteilt unter einige wenige, die Bildungsgüter einem kleinen Kreis vorbehalten und draußen Hunger nach Brot und Wissen. Draußen menschliches Leben, das heilig ist, weil es von Gott kommt, und das behandelt wird wie eine Sache, wie Zahlen in einer Statistik. Ich verstehe und teile diese Ungeduld, eine Ungeduld, die mich drängt, auf Christus zu schauen, der uns ständig auffordert, jenes neue Gebot der Liebe zu verwirklichen.”[5]

Der hl. Josefmaria, der 1975 starb, beschäftigte sich nicht ausdrücklich mit der ökologischen Fragestellung, deren wir uns heutzutage stärker bewusst sind. Aber seine Lehren über die Liebe des Christen zur Welt und die Aufgabe des Menschen, sie zu heiligen, indem er ihre Eigengesetzlichkeit achtet und ihre Potenziale ausschöpft, eröffnen uns ein reiches Erbe. Von hier aus können wir nachdenken über die Pflege unserer Umwelt im Lichte der Perspektiven und Anregungen, die Laudato Si anbietet.

Por Wanderlass, <i>Gabajillion of sardines</i>

Die Beziehung zur Umwelt übt einen großen Einfluss aus, und die Zugehörigkeit zu einem bestimmten geographischen Raum bestimmt mit unsere Identität. (LS, 84). Josemaría Escrivá liebte seine Heimat Aragón. Mit anderen teilte er die Liebe zur Natur, den Pflanzen und Blumen, er sprach sogar über die Naturschönheiten, die er als Kind in den Erzählungen Jules Vernes kennen gelernt hatte. [6] Auf spanischem Boden lauschte er gern dem Gesang des Wassers, das die Pflanzen tränkt und betrachtete die Gärten, die immer wieder neu erblühen, dank des Esels, der Tag für Tag und Jahr um Jahr seine Runden am Schöpfrad des Brunnens dreht. Er bekundete seine Vorliebe für dieses bescheidene, demütige und arbeitsame Tier. Auch erwähnte er zum Beispiel, dass er sich freute „ein schönes Pferd zu sehen, einen Vogel, eine Blume oder auch einen Hund“[7].

Verwalten, nicht verschwenden

Wie sollen wir uns verhalten in Bezug auf die Güter dieses gemeinsamen Hauses der Welt? Der selige Alvaro del Portillo kommentierte, dass der Gründer des Opus Dei dazu einlud, “losgelöst von den Dingen der Welt zu sein, deren bloße Verwalter wir sind, und mit gesundem Menschenverstand zu handeln, ohne zu verschwenden und unnötig zu verbrauchen, d.h. das, womit wir umgehen, so gut wie möglich zu behandeln und zu nutzen”[8]. Mehr als um eine ökonomische Frage handelt es sich dabei vor allem um eine geistlich geprägte Haltung. Papst Franziskus gibt in seiner Enzyklika einige konkrete Beispiele an, die von der Echtheit der Loslösung in seinem Leben zeugen: kein Papier verschwenden (s. LS, 22 + 211) und Strom sparen (s. LS, 211), um nur zwei zu nennen.

Wie viele Heilige war auch der hl. Josefmaria sehr konkret und führte Beispiele an, die aus seiner Lebenserfahrung stammten. Sein erster Nachfolger erinnerte sich, dass er immer einseitig beschriebene Blätter als Konzeptpapier oder für Notizen nutzte. Im Scherz bemerkte er, wenn es möglich gewesen wäre, hätte Josefmaria noch auf dem Schnitt geschrieben”[9], um kein Papier zu verschwenden. Auch gab er häufig Ratschläge, wie man Strom sparen könne wie zum Beispiel diesen: “Schau mal, dort hat jemand die Lichter angemacht, um die Fenster zu öffnen. Und da das Zimmer dann ganz hell wurde, hat er vergessen, die Lampen wieder auszumachen […] Geh doch bitte hinauf und sag ihm liebevoll, er möge das Licht löschen, denn es wird unnötig verbraucht.”[10] Er ermunterte uns dazu, aus Nächstenliebe auf Kleinigkeiten in diesem Bereich zu achten. Dazu gehörten Tipps, die helfen zu sparen und zu vermeiden, dass etwas vergeudet wird, das anderen Menschen noch von Nutzen sein kann.

Arbeit, Gotteskindschaft und Verehrung der Eucharistie

Der hl. Josefmaria wollte mit dem Opus Dei kein soziales Programm anbieten, denn das ist nicht Aufgabe dieser Prälatur. Vielmehr verbreitete er den allgemeinen Ruf zur Heiligkeit und zum Apostolat in der beruflichen Arbeit und im täglichen Leben, im respektvollen Umgang mit der Natur und in der Erfüllung der bürgerlichen Pflichten. Außerdem sollte sich jeder seiner Meinung nach mit anderen Menschen – ob Christen oder nicht – zusammenschließen, um gemeinsam mit ihnen die gesellschaftlichen Probleme anzugehen (s. LS, 219). Was man tut, solle man gut tun. „Die ständige alltägliche Arbeit ist für uns etwas so Selbstverständliches, dass wir unser Hobby auch als Arbeit verstehen. Bei der einen Arbeit ruhen wir aus von der anderen.“ [11]

Por Kevin Jaako, <i>Wheat fields</i>

Das Thema Arbeit ist eine der Achsen in der Enzyklika von Papst Franziskus (s. LS, 98, 124 – 129). Wie bekannt, handelt es sich dabei auch um einen wesentlichen Zug im Geist des Opus Dei in Verbindung mit dem Bewusstsein unserer Gotteskindschaft, dem Fundament für alles andere, und der Eucharistie als Mittelpunkt des Tages. Das Geheimnis der Eucharistie bildet auch den Höhepunkt in Laudato Si (S. 236-237).

Angesichts der Schönheit der Schöpfung und der Betrachtung Jesu Christi gelangt Josefmaria zum „Wahnsinn der Liebe zur Heiligen Eucharistie“ [12]. Er sagte einmal: „Wenn ich Dominus vobiscum sage – auch wenn nur ein einziger Messdiener bei mir ist – sage ich es zu allen Geschöpfen der Erde, zur gesamten Schöpfung, auch zu den Vögeln und Fischen“[13]. Im Geheimnis der Eucharistie symbolisieren der Weizen und die Trauben Natur und Welt. Sie sind zu Brot und Wein geworden, und so bringen wir in ihnen unsere Arbeit und unsere Mühen dar, damit alles in Christus, dem Sohne Gottes und der Jungfrau Maria, zum Lobpreis Gottes verwandelt werde. Diese liturgische Handlung hat eine kosmische Dimension, sie verbindet die Erde mit dem Himmel; denn sie verkündet, dass alles in Christus erneuert wird (s. LS, 100). Der heilige Thomas von Aquin drückt es so aus: "Jedes lebendige Geschöpf wird einmal eine gewisse neue Herrlichkeit erhalten."[14]

Deshalb betete der Gründer des Opus Dei nach der Feier der heiligen Messe gerne einen Hymnus aus dem Buch Daniel (Kap. 3), verbunden mit dem Psalm Laudate (Ps 150), das Trium puerorum oder Benedicite, das schon im dritten Jahrhundert gebetet wurde. Es lädt die ganze Schöpfung ein, den Herrn zu preisen. Der Blick des Beters reicht darin bis hinauf zum Himmel, zu Sonne, Mond und Sternen. Er erstreckt sich über die weiten Meere bis hoch hinauf zu den Gipfeln der Berge. Er betrachtet die unterschiedlichsten klimatischen Gegebenheiten, Hitze und Kälte, Licht und Dunkel. Er richtet sich auf die Welt der Mineralien und der Pflanzen, bleibt stehen bei den verschiedenen Tierarten und schließlich beim Menschen. Alle Wesen ehren und preisen Gott durch ihre bloße Existenz (s. LS, 69). Entsprechend heißt es in Gaudium et Spes:“In Leib und Seele einer, vereint der Mensch durch seine Leiblichkeit die Elemente der stofflichen Welt in sich: Durch ihn erreichen diese die Höhe ihrer Bestimmung und erheben ihre Stimme zum freien Lob des Schöpfers.”[15]

Zu eben diesem Lobpreis lädt uns Papst Franziskus ein, indem er den Sonnengesang des heiligen Franziskus anstimmt. Dieser Gesang preist den Schöpfer in seinen Geschöpfen, ähnlich wie wir Gott in seinen Heiligen verehren; denn wenn wir ihr Leben und ihre Verdienste loben, ehren wir damit Gottes Gaben (16). Dies alles ist nicht Gott selbst, auch die Welt ist nicht mit Gott gleichzusetzen. Ihre Entwicklung ist nicht die Entwicklung Gottes. Aber der Katechismus lehrt: "Die unterschiedlichen Geschöpfe widerspiegeln in ihrem gottgewollten Eigensein, jedes auf seine Art, einen Strahl der unendlichen Weisheit und Güte Gottes."[17]

Im tiefen Bewusstsein seiner Gotteskindschaft schrieb der Autor vom Weg mit weniger als 30 Jahren in seinen persönlichen Aufzeichnungen: “Gewöhne dich daran, dein Herz viele Male während des Tages in Dankbarkeit zu Gott zu erheben. - Weil Er dir dies und jenes gibt. - Weil man dich verachtet hat. - Weil du das Notwendige hast, oder weil du es nicht hast. Weil Er seine Mutter, die auch deine Mutter ist, so schön gemacht hat. - Weil Er die Sonne geschaffen und den Mond und dieses Tier und jene Pflanze. - Weil Er jenen Menschen so beredt geschaffen hat und dich so schwerfällig im Wort... Sage Ihm Dank für alles, denn alles ist gut.”[18] Diese Dankbarkeit ist nicht etwas Passives, sondern sie drängt zum Handeln, wozu uns Papst Franziskus in seiner Enzyklika einlädt (s. z.B. LS, 13, 19, 189, 217). Der Theologe Fernando Ocáriz schreibt: "Die Schöpfung ist eine aktuelle und bleibende Wirklichkeit, und weder ausschließlich noch wesentlich ein absoluter zeitlicher Beginn.”[19] Als Kinder Gottes finden wir in der Schönheit des göttlichen Werkes den Ort für den Dialog und die gemeinsame Arbeit, „in der wir uns zusammen um das Haus kümmern, das uns anvertraut wurde“ (LS, 244).


[1] Papst Franziskus, Enzyklika Laudato Si’, 24. Mai 2015, Titel, u.vgl. Nr. 1, 3, 13, 17, 53, 61, 155, 232, 243

[2] Hl. Josefmaria, Gespräche, Nr. 76-77

[3] Hl. Johannes Paul II., Enzyklika Evangelium vitae, Nr. 20

[4] Hl. Josefmaria, Gespräche, Nr. 70

[5] Hl. Josefmaria, Christus begegnen, Nr. 111

[6] Vgl. Hl. Josefmaria, Aufzeichnungen aus einm Beisammensein, 1. April 1973 (AGP, Bibliothek, P01)

[7] Hl. Josefmaria, Aufzeichnungen aus einem treffen in Buenos Aires, 23. Juni 1974 (AGP, Bibliothek, P04)

[8] Seliger Álvaro del Portillo, Anmerkung 94 zu Hl. Josefmaria, Instruktion, Mai-1935/14.9.1950, Nr. 56

[9] Seliger Álvaro del Portillo, Über den Gründer des Opus Dei, S. 178

[10] Hl. Josefmaria, AGP, Bibliothek, P01

[11] Hl. Josefmaria, Brief 29.9.1957, Nr. 73

[12] Hl. Josefmaria, vgl. Der Weg, Nr. 533

[13] Hl. Josefmaria, Aufzeichnungen aus der mündlichen Verkündigung, in Crónica, 1969, S. 63 (AGP, Bibliothek, P01)

[14] Hl. Thomas von Aquin, In Epist. ad Romanos, c.8, Lekt.4. Vgl. Röm 8,19; Kol 1,20; Offb 21,1

[15] II. Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution Gaudium et spes, Nr. 14

[16] Vgl. Messbuch, Präfation I von den Heiligen

[17] Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 339

[18] Hl. Josefmaria, Persönliche Aufzeichnungen, 28. Dezember 1931, zit. im Weg, Nr. 268

[19] Fernando Ocáriz, Über Gott, die Kirche und die Welt, Rialp 2013, S. 43.