Betrachtungstext: 28. Woche im Jahreskreis – Samstag

Das Zeugnis, das unsere Liebe zu Christus stärkt – Wenn Verständnis fehlt – Vertrauen in den Heiligen Geist

DAS ÖFFENTLICHE Bekenntnis der Zuneigung zu einer Person dient nicht nur dem Zweck, diese Liebe nach außen hin sichtbar zu machen, sondern es vertieft sie auch. Wenn zum Beispiel eine Beziehung öffentlich gemacht wird, insbesondere mit Blick auf eine mögliche Heirat, wird die Zuneigung zwischen den betroffenen Personen ein integraler Bestandteil ihrer Identität. Es ist, als würden sie sagen: „Wenn du mich kennenlernen möchtest, wirst du zwangsläufig auch die Person kennenlernen, die ich liebe.“ Oder anders ausgedrückt: „Man kann mich nicht wirklich kennen, wenn man nicht auch die Person kennt, die mein Leben verändert hat.“

Der heilige Josefmaria lehrte stets, dass das Apostolat „Überfließen des inneren Lebens“1 ist. Wenn Jesus die zentrale Person in unserem Leben ist, ist es logisch, dass wir ihn auf natürliche Weise bei unseren Familienangehörigen und Freunden bekannt machen. Man könnte aber auch umgekehrt sagen: In dem Maße, in dem wir unsere persönliche Beziehung zu Christus publik machen, wächst auch unsere Liebe zu ihm und wird unser Innenleben reifer. Deshalb sagt uns Jesus: Jeder, der sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem wird sich auch der Menschensohn vor den Engeln Gottes bekennen (Lk 12,8). Die juristische Ausdrucksweise, derer sich der Herr hier bedient, macht den Gedanken deutlich: Wenn wir jederzeit Zeugen seiner Liebe sind, wird er auch nicht zögern, für uns Zeugnis abzulegen. Denn wenn die Liebe nach außen hin bezeugt wird, wird die Beziehung gestärkt, und jeder ist stets bereit, für den anderen einzutreten.

Deshalb führt ein Leben der Heiligkeit, wie es der Gründer des Opus Dei predigte, zu dem natürlichen Wunsch, unsere Mitmenschen mit Christus bekannt zu machen. Der heilige Josefmaria schrieb: „Danke dem Herrn dafür, wie zärtlich er dich behandelt, väterlich und mütterlich zugleich. Du hast schon immer von großartigen Abenteuern geträumt – nun hast du dich auf ein wunderbares Abenteuer eingelassen, das dich zur Heiligkeit führt. Nochmals: Danke Gott dafür, mit einem apostolischen Leben.“2


DER RUF, für Christus öffentlich Zeugnis abzulegen, erfüllt uns mit Freude. Gelegentlich tritt erreicht uns dieser Ruf jedoch in komplizierten Lebenslagen, besonders dann, wenn unsere Mitmenschen uns dazu verleiten wollen, unsere eigene Identität in Frage zu stellen, weil sie einen etwas anderen Lebensstil führen. In einem Gespräch mit einem besorgten Studenten, der sich genau darüber Gedanken machte, bezog sich der heilige Josefmaria auf eine solche Situation: „,Und wenn mein Leben mit diesem weltlichen oder heidnischen Milieu zusammenprallt, wird meine Natürlichkeit da nicht künstlich wirken?‘ fragst du mich. Und ich antworte dir: Ohne Zweifel wird dein Leben mit dem der anderen zusammenprallen; der Kontrast, der dadurch entsteht, dass du deinen Glauben mit deinen Werken bestätigst, ist genau die Natürlichkeit, die ich von dir erwarte.“3

Es versteht sich von selbst, dass das Apostolat nicht darauf abzielt, Zwietracht zu säen. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Wahrheit unserer Religion auf der Liebe zu einer Person beruht: Jesus Christus. Dennoch wissen wir, dass unser christliches Zeugnis bei unseren Mitmenschen manchmal auf ein gewisses Unverständnis stoßen kann, denn Nachfolge Christi bedeutet, einer Person zu folgen, die die Menschen nicht gleichgültig lässt. Das kann uns mitunter Nachteile einbringen. Wenn wir unsere apostolische Berufung authentisch leben, bringen wir deutlich zum Ausdruck, dass Jesus Christus in unserem Leben oberste Priorität hat, selbst wenn unser Apostolat gewisse Risiken mit sich bringt. So können bestimmte Verhaltensweisen oder Ansichten zu Fragen der Moral, die sich aus dem Glauben an Christus ergeben, bei anderen manchmal Kritik oder Spott auslösen oder uns vor schwierige Entscheidungen stellen, was uns in eine Art Einsamkeit versetzen kann, als ob uns niemand versteht. In solchen Momenten können wir uns an die Verheißung Jesu erinnern: Jeder, der sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem wird sich auch der Menschensohn vor den Engeln Gottes bekennen (Lk 12,8). Wenn wir Zeugen für Christus sind, sind wir niemals allein. In ihm können wir die Zuneigung finden, die uns manchmal in einem Umfeld fehlt, das uns nicht versteht.

Der heilige Josefmaria ermuntert uns, in solchen schwierigen Momenten unsere Gotteskindschaft nicht zu vergessen: „Sei davon überzeugt: Da Gott dich hört, dich liebt, dir die Herrlichkeit des Himmels verheißt, vermagst du, wenn du willst, beschützt von der allmächtigen Hand des himmlischen Vaters, zu einem tapferen Menschen zu werden, der bereit ist, überall für seine liebenswerte wahre Lehre Zeugnis abzulegen.“4


WENN MAN euch vor die Gerichte der Synagogen und vor die Herrscher und Machthaber schleppt, dann macht euch keine Sorgen, wie ihr euch verteidigen oder was ihr sagen sollt! Denn der Heilige Geist wird euch in derselben Stunde lehren, was ihr sagen müsst (Lk 12,11-12). Diese Worte Jesu schenken uns große Zuversicht für Momente, in denen das Bezeugen unseres Glaubens schwieriger sein kann. Diese Zusage entbindet uns jedoch nicht der Verantwortung, darüber nachzudenken, welche Worte wir wählen und wie wir unsere Botschaft vermitteln können, sodass unsere Zuhörer sie verstehen können. Wir tun dies jedoch im festen Glauben, dass der Heilige Geist unsere Worte leitet.

Das Wirken des Heiligen Geistes ist keine Magie, wie wenn wir in bestimmten Momenten die Kontrolle über unsere Worte verlieren und nach einem Diktat sprechen würden. Der Heilige Geist ist die Liebe zwischen Vater und Sohn. In dem Maße, in dem wir uns bemühen, jederzeit mit dem göttlichen Beistand verbunden zu sein, werden wir in der Regel auch in der Lage sein, zu wissen, was Jesus im Herzen trägt, und es unseren Mitmenschen mitteilen können. Die Liebe verbindet die Herzen derer, die sich lieben, so dass der eine die Gedanken und Gefühle des anderen erahnen kann. Der Heilige Geist hilft uns, mit unseren Worten und Taten wahrhaft Christus zu vertreten, weil wir die inneren Regungen seines barmherzigen Herzens kennen.

Papst Franziskus regt zu einem permanenten Umgang mit dem Heiligen Geist an: „Bitten wir den Herrn, uns dieses Bewusstsein zu schenken, dass wir keine Christen sein können, ohne unseren Weg mit dem Heiligen Geist zu gehen, ohne mit dem Heiligen Geist zu handeln, ohne es zuzulassen, dass der Heilige Geist der Hauptakteur unseres Lebens ist.“5 Kein Geschöpf ist diesem geistlichen Weg so treu gefolgt wie die Jungfrau Maria. Daher bitten wir sie, uns eine große apostolische Liebe zu ihrem Sohn zu schenken, die durch den Heiligen Geist gestärkt wird.


1 Hl. Josefmaria, Freunde Gottes, Nr. 239.

2 Hl. Josefmaria, Die Spur des Sämanns, Nr. 184.

3 Hl. Josefmaria, Der Weg, Nr. 380.

4 Hl. Josefmaria, Im Feuer der Schmiede, Nr. 463.

5 Franziskus, Tagesmeditation, 30.4.2019.