Betrachtungstext: 2. Mai – Weihe der Prälaturkirche Maria vom Frieden

Gott wohnt mitten unter uns – Lebendige Steine sein – Die Kirche aufbauen

DURCH die Apostolische Konstitution Ut sit, mit der das Opus Dei als Personalprälatur errichtet wurde, ernannte der Papst zugleich die bestehende Kapelle Maria vom Frieden im Zentralhaus in Rom zur Prälaturkirche. Die Kirchweihe fand am 2. Mai 1986 unter dem Vorsitz des seligen Alvaro del Portillo statt.

Der Höchste wohnt nicht in dem, was von Menschenhand gemacht ist, wie der Prophet sagt: Der Himmel ist mein Thron und die Erde der Schemel für meine Füße. Was für ein Haus könnt ihr mir bauen?, spricht der Herr. Oder welcher Ort kann mir als Ruhestätte dienen? Hat nicht meine Hand dies alles gemacht? (Apg 7,48-50). Dennoch erlaubte Gott den Menschen schon unter König Salomo, ihm ein Haus zu bauen: den Tempel in Jerusalem. In ihm sah die Kirche immer ein Bild der heiligsten Menschheit Christi, des wahren Tempels, in dem die Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt (vgl. Kol 2,9). Er war eine Vorwegnahme und ein Zeichen für die christlichen Tempel, die besondere Orte des Gebets und der Begegnung mit Gott sind. Denn im Herzen eines jeden von ihnen, im Tabernakel, bewahrt die Kirche den Herrn in der heiligsten Eucharistie auf.

„Nur eine Kirche“, so sagte der tiefgläubige Architekt Antoni Gaudí, „kann die Gesinnung eines Volkes würdig repräsentieren, denn die Religion ist das Erhabenste im Menschen.“1 Im Fall der Prälaturkirche Maria vom Frieden wird der Herr in einer nahe gelegenen Kapelle unter den sakramentalen Gestalten aufbewahrt und weilt so „Tag und Nacht in unserer Mitte und wohnt in uns voll der Gnade und Wahrheit (vgl. Joh 1,14)“2, wie Don Alvaro am Tag der Kirchweihe, den heiligen Paul VI. zitierend, predigte. „Gott, unser Herr, hat beschlossen im Tabernakel zu bleiben“, dies sind Worte des heiligen Josefmaria, „um uns zu nähren, um uns zu stärken, um uns zu vergöttlichen, um unserer Arbeit und unserem Mühen Wirksamkeit zu verleihen. Jesus ist gleichzeitig der Sämann, der Samen und die Frucht der Saat: das Brot des ewigen Lebens.“3


ABGESEHEN von der Aufgabe, den Leib Christi, den wahren Tempel der Gottheit, zu beherbergen, sind die sichtbaren, von Menschenhand erbauten Kirchen ein Symbol für die unsichtbare Kirche, die aus allen Getauften wie aus „lebendigen und erlesenen Steinen“4 besteht, wie es die Liturgie formuliert. Der Herr hat uns zu lebendigen Steinen der Kirche gemacht, die laut dem heiligen Augustinus „vom Glauben geformt, von der Hoffnung gefestigt, von der Liebe zusammengefügt“5 sind.

Uns in unserem täglichen Leben mit Christus, jenem höchsten Eckstein, zu vereinen, der von den Menschen verworfen, aber von Gott auserwählt und geehrt wurde (1 Petr 2,6.4), ist für uns eine Notwendigkeit. Denn „wenn wir uns mit ihm vereinen“, so fährt der Kirchenvater fort, „erlangen wir Frieden; wenn wir uns auf ihn stützen, erlangen wir Festigkeit. Er ist nämlich zugleich der Grundstein, weil er uns leitet, und der Eckstein, weil er uns vereint. Er ist der Stein, auf den der weise Mann sein Haus baut und somit gegen alle Versuchungen dieser Welt vollkommen standhaft bleibt: Weder strauchelt er, wenn der Regen herab stürzt, noch fällt er, wenn ein Fluss ihn überschwemmt, noch wankt er, wenn die Winde wehen.“6

Wenn der christliche Tempel ein Zeichen ist für die Gläubigen, die um den Eckstein, Christus, versammelt sind, dann symbolisiert die Prälaturkirche Maria vom Frieden besonders die Gläubigen, die Mitarbeiter und Freunde des Opus Dei. Ihr Ruf besteht darin, wie der heilige Josefmaria sagte, „den Wunsch nach christlicher Vollkommenheit und apostolischem Wirken“ weiterzugeben, und zwar „gerade durch die Heiligung der eigenen beruflichen Arbeit“, das heißt „unser Leben mitten in den irdischen Realitäten, die – unter Wahrung ihrer Eigengesetzlichkeit – durch den Geist und die Liebe kontemplativer Menschen beseelt werden“7. „Wir sind von Gott auserwählt worden“, betonte der selige Alvaro in seiner Predigt am Tag der Einweihung, „ohne jegliches Verdienst unsererseits, um ein auserwähltes Geschlecht zu sein, eine königliche Priesterschaft, ein heiliges Volk, um die Wunder Gottes zu verkünden, der uns aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat.“8


DIE KIRCHE ist katholisch, weil Jesus sie zu allen Menschen der Erde gesandt hat. Das II. Vatikanische Konzil beschreibt den Auftrag des Herrn mit folgenden Worten: „Zum neuen Gottesvolk werden alle Menschen gerufen. Darum muss dieses Volk eines und ein einziges bleiben und sich über die ganze Welt und durch alle Zeiten hin ausbreiten.“9

Im Gedanken an diesen Auftrag beschloss der selige Alvaro seine Predigt an diesem Tag folgendermaßen: „Unser Herr wird sich unserer bedienen wie von lebendigen Steinen, um seine Kirche Tag für Tag inmitten der menschlichen Gesellschaft aufzuerbauen (...). Trotz unserer Kleinheit werden wir, dank der Güte Gottes, Kraft für die anderen sein, da wir uns stets auf den Eckstein stützen: auf Jesus Christus; und auch auf den starken Stein, das Fundament der Kirche: auf Petrus, den römischen Papst.“10 Für einen Christen heißt„unserem Herrn treu sein” der Kirche treu sein und deshalb ein guter Sohn des Papstes sein. Der heilige Josefmaria wollte seit 1928, dass das Opus Dei sehr römisch und eng mit dem Stuhl Petri vereint sei, mit eben diesem Wunsch, die Wärme Christi in alle Winkel der Erde zu tragen.

Wir stellen unsere Wünsche, der Kirche zu dienen, unter die Fürsprache der heiligen Maria vom Frieden. Und wir bitten sie – im Anschluss an die von Papst Franziskus vollzogene Weihe der Menschheit an das Unbefleckte Herz Mariens – um das Geschenk des Friedens auch für unsere Seelen und für die ganze Welt: „Nimm an, o Mutter, unser Gebet (…). Stille den Durst unserer Herzen, du ,strömender Quell der Hoffnung‘. Du hast das Menschsein in Jesus eingewoben, so mach auch uns zu Handwerkern der Gemeinschaft. Du bist auf unseren Wegen gewandelt, geleite uns auf den Pfaden des Friedens.“11


1 Antoni Gaudí, zitiert von Benedikt XVI., Homilie, 7.11.2010.

2 Hl. Paul VI., Mysterium fidei, Nr. 8. Vgl. sel. Alvaro del Portillo, Homilie, 2.5.1986.

3 Hl. Josefmaria, Christus begegnen, Nr. 151.

4 Römisches Messbuch, Weihetag einer Kirche (außerhalb der Kirche), Tagesgebet

5 Hl. Augustinus, Predigt 337.

6 Hl. Augustinus, Predigt 337.

7 Hl. Josefmaria, Gespräche, Nr. 22.

8 Sel. Alvaro del Portillo, Predigt, 2.5.1986.

9 II. Vatikanisches Konzil, Lumen Gentium, Nr. 13.

10 Sel. Alvaro del Portillo, Predigt, 2.5.1986.

11 Franziskus, Akt der Weihe an das Unbefleckte Herz Mariens, 25.3.2022.