Betrachtungstext: 5. Osterwoche – Samstag

Geduldig sein wie Christus – Alles gereicht zu unserem Wohl – Das Gebet stärkt uns

WIR HABEN eingehend auf den Herrn geblickt, besonders in den Tagen seines Leidens und Sterbens. Wir haben Christus in seiner Geduld betrachtet: im Schweigen vor den Anklägern, in der Gelassenheit, mit der er dem römischen Richter antwortete, in der Bereitschaft, seinen Rücken zur Geißelung hinzuhalten, in der Ergebenheit, mit der er mit durchbohrten Gliedmaßen am Holz hing ... Wir haben die Majestät seiner Gesten am Gipfel des Kalvarienbergs bewundert. Wenn die Welt euch hasst, sagt er uns im heutigen Evangelium, dann wisst, dass sie mich schon vor euch gehasst hat (Joh 15,18). Jesus bezieht sich, wie wir wissen, auf die Sünde, deren Eigenart es ist, sich in dieser Welt dem Reich Gottes zu widersetzen. Gerne würden wir jenen Starkmut besitzen, mit dem der Herr den Widrigkeiten begegnet ist, indem er geduldig standgehalten hat.

„Die Tapferkeit wirkt auf zweifache Weise“, erklärte der große Kirchenlehrer des Mittelalters, „im Angreifen und im Standhalten.“1 Das Standhalten, die ausharrende Geduld, ist der bedeutendere Tugendakt des tapferen Kämpfers für das Reich Gottes. Er wird darin in besonderer Weise dem leidenden und gekreuzigten Christus ähnlich. In dieser Situation findet er Trost in dem Jesuswort: Wenn ihr standhaft bleibt, werdet ihr das Leben gewinnen (Lk 21,19). Die Geduld allein genügt wiederum nicht, weshalb der weise Lehrer Gregor der Große in seiner Hirtenregel feststellt: „Die Geduldigen sind zu ermahnen, dass sie das, was sie äußerlich mit Gleichmut ertragen, innerlich nicht mit Unmut tragen, damit sie nicht das Opfer solcher Tugendhaftigkeit, das sie vor der Außenwelt untadelig bringen, durch innere Schlechtigkeit verpesten.“2 Nur in Liebe erlangt die Geduld ihre Schönheit. Gott ist geduldig. Der heilige Josefmaria sprach daher nicht grundlos von der „menschlichen und göttlichen Tugend der Geduld“3.

Wer Geduld besitzt, ist Herr seiner selbst, kämpft nicht gegen die Zeit und kann sie demjenigen widmen, der es braucht, er vermag ihm Frieden zu schenken und ihn zu besänftigen. Denn der Geduldige gibt den Hass nicht zurück und lässt sich auch nicht von jenen aufbringen, die ihn möglicherweise verachten oder missachten. Seine Geduld lässt ihn voller Zuneigung für jeden Menschen würdevoll über allen Misslichkeiten stehen, wie Christus am Kreuz: immer über sich hinausschauend, den Blick gerichtet auf die Erlösungsgeschichte über die Jahrhunderte hinweg.


WIR HABEN OFT die bekannte Wendung des heiligen Paulus gehört, die der heilige Josefmaria so sehr mochte: Denen, die Gott lieben, gereicht alles zum Guten (Röm 8,28). Es sind nicht einfach Worte, die man in schweren Stunden wiederholt, um die aufgewühlte Seele zu beruhigen oder das Denken zum Schweigen zu bringen, kurz: um der Realität den Rücken zu kehren. Es ist genau umgekehrt. Der Gedanke muss sein: Gott ist unendlich gut – das haben wir gelernt und seit Beginn unserer Begegnung mit Christus auf vielfältige Weise erfahren. Wie sollte daher für diejenigen, die ihn lieben wollen, die sich als Kinder eines allmächtigen Gottes wissen und es sind, irgendetwas nicht zu ihrem Besten sein?

Auch wenn manche Exponenten dieser Welt uns Christen feindlich gesinnt sind, werden sie die unerschöpfliche Liebe des Herrn niemals besiegen können. Wir haben daher gute Gründe, wie der Prälat des Werkes schrieb, „das Vertrauen auf die Gnade Gottes zu nähren (...) [und] tagtäglich bis zur letzten Konsequenz eine Haltung der vertrauensvollen Hingabe zu leben, die sich auf die Gotteskindschaft stützt“4. In diesem geduldigen Sich-Gott-Anvertrauen kann sich unser Kampf wunderbar entfalten. Wenn wir wissen, dass alles zu unserem Wohle ist, werden wir fähig sein, neu zu beginnen und immer wieder neu zu beginnen, ohne unsere Kräfte in irgendetwas anderes als in Gott selbst zu investieren.

„Geduldig heißt jemand nicht deshalb“, schrieb Thomas von Aquin klärend, „weil er nicht flieht; sondern deshalb, weil er sich lobenswert verhält im Ertragen dessen, was fürs erste schadet, ohne infolgedessen in unmäßige Trauer zu fallen.“5 Damit wird es keine Ereignisse geben, die uns die Hoffnung rauben, und keine Bitterkeit, die unsere Freude trübt. Der heilige Josefmaria empfahl: „Das Heilmittel gegen deine innere Unruhe: Geduld, Lauterkeit der Absicht und übernatürliche Sicht.“6


„GÜTIGER GOTT, (…) gewähre uns deinen Schutz, damit wir die Taufgnade, die wir empfangen haben, nicht verlieren und zur ewigen Freude gelangen, die du für uns bereitet hast“, heißt es heute im Gabengebet. Wir wenden uns an den Herrn, weil wir auf seine Hilfe zu vertrauen und wissen, dass er uns niemals verlassen wird. Vor allem aber auch, um in der Liebe zu Gott zu wachsen, unser Herz zu weiten und es mit ihm und den anderen zu füllen, denn wir wollen durch diese unsere Welt, die wir lieben, in den Himmel gelangen.

Das Gebet ist ein idealer Moment, um jene Geduld zu erbitten, die wir brauchen, um stets voranzugehen, immer vertrauensvoller, und mit täglich verliebterem Herzen, verliebt in den Gott, der in uns lebt. „Es gibt keinen so wunderbaren Tag wie das Heute, das wir leben“, sagte Papst Franziskus. „Jene Menschen, die immer nur an die Zukunft denken, aber das Heute nicht so nehmen, wie es kommt: Das sind Menschen, die in der Phantasie leben. Sie wissen das Konkrete der Wirklichkeit nicht anzunehmen. Und das Heute ist wirklich, das Heute ist konkret. Und das Gebet geschieht im Heute. Jesus kommt uns heute entgegen, in diesem Heute, das wir leben. Und das Gebet verwandelt dieses Heute in Gnade, oder besser: Es verwandelt uns. Es besänftigt den Zorn, es stützt die Liebe, es vervielfältigt die Freude, es flößt die Kraft der Vergebung ein.“7

Die Hilfe des Herrn wird nicht fehlen. Unser Vater im Himmel wird uns Gutes geben, wenn wir ihn darum bitten (vgl. Mt 7,9-11), insbesondere die Hilfe, in Schwierigkeiten nicht mutlos zu werden oder die Geduld zu verlieren; auch wenn es immer wieder Rückschläge geben wird, „werden wir“, wie der heilige Josefmaria sagte, „wenn wir treu sind, die Stärke dessen haben, der demütig ist, weil er mit Christus eins geworden ist. Kinder, wir sind das Bleibende, alles andere vergeht. Es gibt keinen Grund zur Sorge!“8 Bitten wir unsere Mutter Maria, die geduldig ist und fähig, mit Christus zu leiden und die Stunde seines Triumphes abzuwarten, uns dabei zu unterstützen, standhaft zu werden wie ihr Sohn, aus Liebe.


1 Thomas von Aquin, Summa Theologiae II-II, q. 128 a.1.

2 Gregor der Große, Pastoralregel, 9.

3 Hl. Josefmaria, Freunde Gottes, Nr. 78.

4 Prälat Fernando Ocáriz, Brief, 14.2.2017, Nr. 8.

5 Hl. Thomas von Aquin, Summa Theologiae, II-II, q. 136, a 4, ad 2.

6 Hl. Josefmaria, Die Spur des Sämanns, Nr. 853.

7 Papst Franziskus, Generalaudienz, 10.2.1992.

8 Hl. Josefmaria, Im Zwiegespräch mit dem Herrn, S. 25.